Sweta checkt nach Moskau

Kolja hat in der Nacht von Sonntag auf Montag Sweta nach Tiraspol zum Zug gebracht. Für Sweta geht es nun direkt nach Moskau, dort wird sie für zwei Monate arbeiten. Wenn sie wieder retour ist, tritt Kolja einen Job als Kraftfahrer an, um landwirtschaftliche Produkte von Odessa nach Cherson zu bringen.

Schweineschlachtung

Kolja und ich sind zu Nachbarn gefahren um bei der Schlachtung eines Schweines zu helfen. Die beiden Töchter, die Frau von Sergej und Babuschka haben grosse Schüssel und scharfe Messer vorbereitet. Zur Schlachtung ist Juri gekommen, er kann das. Sergej hat eine achtmonatige Sau ausgewählt, und nun gilt es, dem Tier eine Stahlseilschlinge über das Oberkiefer zu ziehen. Dies gelingt mit List, und das Schwein schreit wie verrückt, als es merkt, was nun zu geschehen hat.

Konservengläser

Früher kosteten diese 1,8 Liter-Gläser etwas mehr als einen halben Rubel. Doch die Fabrik, die die Gläser für Pridnestrowien in der SU-Zeit hergestellt hat, existiert nicht mehr. Die Gläser und die Deckeln dazu gibts allerdings noch in der Ukraine zu kaufen. Mal sehen, ob ich auch die beiden Konservenschlüssel, einen zum Verschliessen der Gläser mit Spezialdeckel, den anderen zum Öffnen, auftreiben kann.

Stör und Kognak

Ich bestelle Stör in Pilzsosse – ich habe noch nie Stör gegessen. Der teure Fisch wird in Tiraspol gezüchtet, um Kaviar für den Export zu produzieren. In der landesweiten Supermarktkette Sheriff kann man armlange tiefgekühlte Störe kaufen. Ein Fisch kostet 2.000 pridnestrowische Rubel. Wer kann sich hier einen solchen Luxus um 150 Euro leisten? Wie lange liegen diese Eiskeulen schon in der Truhe? Meine Portion Störfilet kostet 7 Euro. Das Fleisch ist weiss und fest und hat milden Fischgeschmack. Ich trinke dazu deutsches Exportbier und achtjährigen pridnestrowischen Kognak. Die zu begleichende Rechnung entspricht einem Zehntel dessen, womit ein Transnistrier im Monat auszukommen hat.

Sündenbüßen

1Vorgestern habe ich mein alljährliches Transnistrien-Ritual durchgeführt: ich bin zum Frisör gegangen. Immer den gleichen, auf der Hauptstraße, überhalb der coolsten Kellerbar. Ein großer Raum mit 15 Arbeitsplätzen, die Damen arbeiten auf eigene Rechnung und zahlen Platzmiete. 35 Rubel (3 Euro) kostet die Frisur, mit Waschen 40. Für mich ist Frisör wie Zahnarzt, ich schiebe der Termin hinaus, obwohl es schon wehtut. Ich hasse es, mir auf mein Haupt schauen zu lassen, zu erklären, wie ich es denn gern hätte, dann 20 Minuten grauenhaften Smalltalk über mich ergehen zu lassen um dann schließlich, wie jedes mal festzustellen, dass a.) der Haaransatz sich wieder verschoben hat, ich b.) schon wieder älter aussehe und c.) dass die Frisiertante sich und mich verschnitten hat.

Immerhin, die Wunsch-Abklärung in T-Pol geht so. Sie: kurz? Ich: sehr. Kein Geplapper zwischendurch und natürlich sind die Friseurmeisterinnen in T-Pol zehnmal besser als in Wien. (so wie auch die Tomaten und anderes Gemüse). Allein der Blick in den Spiegel ist der gleiche geblieben.

 

Russisches Gas und sowjetische Herde

Durch Ciobrutschio laufen, auf blauen Stahlträgern, gelbangestrichene, etwa 10 Zentimeter dicke Gasleitungen. Sie führen auf einer Höhe von etwa drei Metern durch das Dorf. Manchmal werden sie, fünf Meter hoch, über die Dorfstrasse geführt, das System wirkt abenteuerlich, bei jedem Haus geht eine Ableitung, sie hat einen Durchmesser von etwa vier Zentimetern, und läuft meist freihängend für mehrere Meter zum Haus, dann an der Hausmauer entlang, ins Haus hinein, zu sowjetischen Gasherden.

Kartoffeln und Champignons

2Jetzt sitzen wir in Andreys Küche, Vova schält rote Kartoffeln und kriegt ob der geschmackvollen Bio-Knolle schwelgende Zustände. Hier in der Wohnung hat sich einiges verändert. Andreys Freundin ist zu ihm gezogen. Die Wohnung ist sauberer als früher, neue Jalousien, neuer Linoleum, Wasserkocher, Waschmaschine, die lecke Decke etwas abgedichtet. Und jetzt, spät abends, kocht Andrey während wir die nächsten Tage
besprechen.

 

Hendlsuppe

Kolja und ich schlürfen unter dem Vordach Hendlsuppe. Ich fische zuerst die Krallen heraus, dann kommt der Kopf mitsamt den Augen und dem Kamm. Ich nage das wenige Fleisch von diesen Teilen, spucke, so wie Kolja die restlichen Knochen auf das Plastiktischtuch. Das Fleisch des Hendls ist rubinrot – nicht weiss, so wie ich das kenne. In der Suppe schwimmt auch ein gekochtes Eidotter, hart und zartgelb.