Die übliche Anreise

7Eine der Eigenschaften, die Pridnestrowien zu einem unzugänglichen und geheimnisvollen Land machen ist die Eintrittshürde. Es gibt keinen vorgezeichneten Weg, wie man dieses Land bereist. Und es ist nicht gerade so einfach hierher zu kommen, wie nach Lignano an der Adria. Dank des günstigeren Fluges habe ich mich entschieden, zum ersten Mal über Odessa, Ukraine in Pridnestrowien einzureisen. Der Flug mit Ukraine International Airlines ist schnell und bequem, am Flughafen wartet Dima, unser Taxifahrer, es dauert eine Stunde, bis man an der Grenze steht. Tja. Nur welche Grenze? Der Ort heißt Pervomaysk. Auf der östlichen Seite ist die Ukraine, die Grenzbeamten sind mürrisch, prüfen jedes Auto, die Abfertigung dauert kurz vor Neujahr 40 Minuten. Soweit so einfach. Aber was ist auf der anderen Seite? Offiziell ist das Moldau, aber es gibt keine Moldauische Grenzbeamten und keine Einreiseformalitäten. Inoffiziell aber faktisch ist es Pridnestrowien. Zuerst bleibt keine Zeit zum Nachdenken. Formelles will erledigt werden.

Dies ist kein Grenzübergang, den westliche Ausländer benutzen. Dementsprechend ratlos sind die Beamten, wollen mich zuerst abweisen, drücken mir aber ob meiner Beharrlichkeit das Einreiseformular in die Hand. Ich bringe die ganze Grenze durcheinander, da ich mir einen Kugelschreiber ausborgen muss und kein Beamter einen übrig hat. Ich fülle das Formular aus, die Beamtin kann meine lateinische Schrift nicht lesen. Dima füllt ein zweites Formular auf kyrillisch aus. Dazwischen anstellen, warten, vordrängeln. Das alles im Freien, am Abend, im Winter. Zu meiner Überraschung lassen sich mich durch, ohne Eintrittsgeld zu verlangen. Wir fahren nach Tiraspol. Es ist seltsam, ich bin offiziell in Pridnestrowien eingereist, befinde mich jedoch genauso offiziell auf moldauischem Territorium, nur dass mein Pass keinen moldauischen Eintrag enthält. Ich bin also illegal in Moldau und legal in der PMR. Ach ja, und die Pridnestrowier haben mich nur einreisen lassen, weil ich ein offizielles Visum für Moldau habe. Verwirrend.

Die nächste Hürde ist die Registrierung, auszufüllen am Aufenthaltsort auf einem Amt, dass man nur kennt, wenn man schon mal dort war. Und vorher eine Registrierungsgebühr auf einer Bank hinterlegt hat. Natürlich ist es nach fünf Uhr. Die Registratur ist schon geschlossen. Aber immerhin habe ich 24 Stunden Zeit. Andrey treffen, Wiedersehensfreude, Häuslich einrichten, Quatschen, Schlafen, etc.

Der folgende Tag ist ein Samstag, die Registratur hat nur Wochentags offen. Aber es gibt, versteckt in der Uliza Lenina eine weiteres Amt, bestehend aus einem Fenster in einem gewöhnlichen Haus. Es ist kurz vor Neujahr, dutzende Russen-auf-Besuch schreiben handschriftlich Registrierungsansuchen und versuchen damit, von den Beamten hinter diesem Fenster eine temporäre Registrierung bis Montag zu erhalten um dann nach dem Wochenende eine korrekte Registrierung durchzuführen. Anstatt uns anzustellen gehen wir essen. Am frühen Abend, die 24 Stunden sind fast abgelaufen, schauen wir wieder vorbei. Es stehen noch mehr Menschen in der Kälte. Nach wenigen Minuten tritt ein Mann aus einer Tür und verkündet, dass die Regierungsstelle verlautbart hat, jene Ausländer, die nur bis zum 10.1. blieben, können dies ohne Registrierung tun, während jene, die länger blieben, weiterhin den Registrierungsprozess durchzuführen hätten. Der Mann wurde von jenen, die nachträglich umsonst gewartet hatten, beinahe gelyncht.

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