Wet Wet Wet

4Mein Aufenthalt ist wahrlich kein Entspannungsurlaub. Es soll dies der letzte Besuch vor dem Buch sein. So ist es mir zugefallen, zu versuchen, alle offenen Themen abzuarbeiten. (Ich schreibe schon ungefähr so gestelzt, wie Pridnestrowier reden). Die Aufgaben-Liste besteht aus 12 Dingen. Gesprächen, Portraits, Reportagen. Tja, Kramar hat mir eine Menge Arbeit übrig gelassen. Hatte ich bei der ersten Reise noch gefragt, was ich hier tun könne, so habe ich jetzt die Antwort darauf. Ich hatte Andrey diese Liste vorab geschickt, damit er schon vor meiner Ankunft Termine organisieren würde. Pridnestrowien ist nicht Afrika, dennoch ticken die Uhren hier anders.
Obwohl Andrey sich sehr gut entwickelt, muss ich dennoch jeden Tag mit ihm die Liste durchgehen, damit er Anrufe tätigt und recherchiert. Bei Dingen, die ihm unangenehm sind, wird er vage und ausweichend. Ich will beispielsweise die Störzucht in Rybnitsa (4 Autostunden entfernt) sehen. Er hat keine Kontakte dort. Er sagt, wir könnten einfach hinfahren und sehen was passiert. Ich sage, ruf doch diesen oder jenen Kontakt an und frag. Er sagt, das könne man tun. Dann braucht es einige Tage, bis halbherzig verkündigt, dass er nichts herausgefunden hat. Vermutlich werden wir auf gut Glück dorthin fahren.
Für jeden Schritt vorwärts geht es auch wieder einen Schritt zurück. Apropos Schlechtwetter. Andreys Wohnung ist im letzten Stock und die Decke ist leicht undicht. Vorgestern Nacht regnete es. Wir standen mitten in der Nacht auf und stellten Töpfe unter den tropfenden Bereichen der Decke. Soweit so gut. Gestern ging ein Sturm, es regnete und schneite wie irre, binnen kürzester Zeit stand ganz Tiraspol unter Wasser. Als ich Abends heimkam war niemand in der Wohnung. Andreys Bruder und sein Vater waren nicht da. Dafür liefen in zwei Zimmern und der Küche die Eimer über, die Teppiche waren pitschnass, dass Wasser tropfte nicht mehr von der Decke, es rann. Auf den Boden, auf die Möbel, auf die Betten. Da teilweise die Lichter nicht funktionieren, leerte ich im Dunkeln mit Taschenlampe Eimer um Eimer, versuchte die Böden zu trocknen und stellte jeden Kochtopf und sogar jedes Häferl zum Auffangen auf, darauf achtend, die Größe des Behälters der Tropfgeschwindigkeit anzupassen. Dann evakuierte ich meine Sachen und Andreys Computer in das einzige trockene Zimmer. Andrey war bei seiner Freundin und telefonisch nicht zu erreichen. Ich schrieb ein SMS, dass seine Wohnung ziemlich nass sei. Gottseidank hörte der Regen in der Nacht auf, in der Früh waren fast alle Töpfe voll, aber nicht übergelaufen. Am Vormittag rief Andrey an und fragte mich, ob mein SMS ein Witz gewesen sei.

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